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Wesentliche Neuerungen für Unternehmen in der Krise ab 2019!
Durch das Jahressteuergesetz 2018 hat der Gesetzgeber zahlreiche Regelungen erlassen bzw. reaktiviert, die spätestens ab dem Jahre 2019 sanierungsbedürftigen Unternehmen in der Krise erhebliche Erleichterungen bringen werden. Im Wesentlichen sind hier zu nennen die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen ( nachfolgend unter A) sowie Neuregelungen im Rahmen des § 8c KStG ( nachfolgend unter B ).
Bereits in unserem letzten Unternehmerbrief (2/2018) hatten wir ausführlich zu der sog. „Sanierungs-Klausel“ (§ 8c Abs. 1a KStG ) Stellung genommen, die zunächst von der EU-Kommission verboten und nach einer klärenden EuGH-Entscheidung durch das Jahressteuergesetz 2018 wieder in Kraft getreten ist.
Sanierungsgewinne sind in Zukunft wieder steuerfrei! Dies gilt auch für Altfälle (vor dem 9. Februar 2017).
Sanierungsgewinne entstehen, wenn ein Gläubiger zum Zwecke der Sanierung zugunsten eines Schuldnerunternehmens auf seine Forderungen verzichtet. Damit einher geht in der Regel eine Steuerbelastung, die sich in der Vergangenheit stets als erhebliches Restrukturierungshindernis ausgewirkt hat.
Mit dem Jahressteuergesetz 2018 ist nun die Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne endlich wirksam geworden und kann auch auf Antrag noch für sog. Altfälle in Anspruch genommen werden.
I. Rückblick
Die Steuerfreiheit von sogenannten Sanierungsgewinnen ist ein „Dauerbrenner“ im Insolvenz- und im Sanierungssteuerrecht. So wird schon bald über ein Jahrhundert hinweg über die steuerliche Behandlung von Gewinnen aus einem Forderungsverzicht gegenüber einem sanierungsbedürftigen Unternehmen diskutiert.
Zu diesem Thema berichteten wir zuletzt über die Entscheidung des Bundesfinanzhofs Ende 2016 (Beschluss v. 28. 11. 2016, GrS 1/15; veröffentlicht am 08. 02. 2017), die der Finanzverwaltung die Anwendung des sogenannten Sanierungserlasses (BMF-Schreiben vom 27. 03. 2003, BStBl. I S. 240) untersagt hatte. Mit Abschaffung der Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen ab dem Jahre 1998 hatte sich der Gesetzgeber bewusst gegen eine Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen entschieden, so dass es der Finanzverwaltung nach Ansicht des Bundesfinanzhofes verboten war, sich über diese Entscheidung des Gesetzgebers hinwegzusetzen und mittels eines Steuererlasses Sanierungsgewinne faktisch steuerfrei zu stellen (sehen Sie hierzu unseren Unternehmerbrief 2/17).
Um die bisherige Verwaltungspraxis zu retten, führte der Gesetzgeber in 2017 durch das „Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen“ ein Wahlrecht für krisengeplagte Unternehmen ein, Sanierungsgewinne wieder steuerfrei zu behandeln (§ 3a EStG, § 7b GewStG). Dieses Gesetz wurde am 27. 06. 2017 verkündet. Problematisch für die Rechtspraxis war hierbei jedoch, dass die Anwendbarkeit dieser Neuregelungen unter den Vorbehalt einer Zustimmung durch die EU-Kommission gestellt worden war.
II. Aktuelle Entwicklung
Die erforderliche Zustimmung wurde im August 2018 von der EUKommission erteilt, weshalb der Bundestag nun mit seinem Jahressteuergesetz 2018 die Regelungen des § 3a EStG und des § 7b GewStG in Kraft setzte. Auf Bitte des Bundesrates hin wurde der Gesetzestext auch noch um eine Regelung für Altfälle (Schuldenerlasse vor dem 09. 02. 2017) erweitert.
III. Neue gesetzliche Rahmenbedingungen für Sanierungsgewinne
Es liegen somit endlich neue gesetzliche Rahmenbedingungen im Sanierungssteuerrecht vor, die wir Ihnen im Folgenden kurz erläutern möchten: Nach den neuen Regelungen sind nun solche betrieblichen Erträge steuerfrei, welche aus einem Forderungsverzicht bzw. Schuldenerlass zum Zwecke der Sanierung resultieren. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sind (wie auch schon bei dem Sanierungserlass der Finanzverwaltung):
- die Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit des Schuldner-Unternehmens,
- die Sanierungseignung des Schuldenerlasses und
- die Sanierungsabsicht des Gläubigers.
Der Steuerpflichtige hat diese Voraussetzungen nachzuweisen. Gelingt ihm das, so tritt die Steuerfreiheit ohne Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung und ohne Antragstellung ein.
Auf Antrag kommen die einkommensteuerlichen und gewerbesteuerlichen Steuerbefreiungen auch für sogenannte Altfälle, also Schuldenerlasse, welche vor dem 09. 02. 2017 erfolgten, zur Anwendung. Dabei handelt es sich um Fälle des Schuldenerlasses, die vor der o. g. Entscheidung des Bundesfinanzhofes durchgeführt wurden und denen trotz des Sanierungserlasses die gesetzliche Grundlage für die Steuerbefreiung gefehlt hatte.
Durch die Neuregelung soll jedoch eine Doppelbegünstigung und Missbräuche vermieden werden. Aus diesem Grund ist der Sanierungsertrag zunächst mit zahlreichen steuerlichen Vorteilen zu verrechnen und zwar mit den Sanierungskosten, stillen Lasten und bestehenden steuerlichen Verlusten bzw. Verlustvorträgen bei der Verlustgesellschaft. Außerdem ist der Sanierungsertrag auch mit entsprechenden Aufwendungen und Verlusten bei nahestehenden Personen zu verrechnen jedenfalls dann, wenn die erloschenen Schulden erst in den letzten fünf Jahren von dieser nahestehenden Person als vorheriger Schuldnerin auf die Verlustgesellschaft übertragen wurden. Ziel ist es, dass die in der Regel korrespondierend entstandenen Verlustpotentiale und Schulden dasselbe Schicksal wie der Sanierungsertrag teilen und sich in Zukunft nicht mehr steuerlich auswirken dürfen. D. h. die Verlustgesellschaft soll nicht in den Genuss der Steuerbefreiung des Sanierungsertrages kommen und dann noch in den Jahren von stehen gelassenen Verlustpotentialen zu profitieren.
Auch neu ist, dass die Neuregelungen nun auch für die Gewerbesteuer gelten und die Finanzämter eine gewerbesteuerliche Steuerbefreiung im Messbescheid feststellen. Bisher waren für den Erlass der Gewerbesteuer auf Sanierungsgewinne die jeweiligen Gemeinden zuständig, die sich aber an den Sanierungserlass oftmals nicht gebunden fühlten.
IV. Fazit und Ausblick
Die gesetzliche Neuregelung der steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen ist zu begrüßen und schafft nach einem langen Zeitraum von Rechtsunsicherheit endlich Ordnung und Klarheit.
Von wesentlicher Bedeutung wird vor allem auch die antragsgebundene rückwirkende Anwendung der Steuerbefreiungen für Altfälle in der Gewerbesteuer sein, da vor allem Gemeinden den Steuererlass bei Sanierungserträgen oftmals verweigert haben.
Gesetzgeber streicht rückwirkend ab 2008 (!) die Verlustuntergangsklausel bei Anteilsübertragungen von bis zu 50 % (§ 8c Abs. 1 S. 1 KStG; § 8c S. 1 KStG alte Fassung)
Durch die Regelung des § 8c KStG schränkt der Gesetzgeber den Verlustabzug bei Körperschaften ein. Nach der ursprünglichen Regelung gingen bei einem Erwerb von mehr als 25 % der Geschäftsanteile innerhalb von fünf Jahren die Verluste dieser Kapitalgesellschaft teilweise unter. Der Erwerb von mehr als 50 % der Geschäftsanteile hat sogar einen vollständigen Verlustuntergang zur Folge.
Zielrichtung der „Verlustvernichtungsvorschrift“ des § 8c KStG war ursprünglich, den missbräuchlichen Handel mit GmbH-Anteilen zu unterbinden, deren wirtschaftlicher Wert lediglich noch im steuerlichen Verlustverrechnungspotential liegt (sog. „Mantelkauf“). Argument des Gesetzgebers war (verkürzt), dass sich bei einer entsprechenden Anteilsübertragung die wirtschaftliche Identität der Körperschaft (teilweise) ändere.
I. Ausgangslage
Seit Einführung der Regelung im Jahr 2008 hat sich nahezu jedwede nationale und europäische steuergerichtliche Instanz mit § 8c KStG auseinandergesetzt, zuletzt insbesondere das Bundesverfassungsgericht („BVerfG“).
Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Beschluss vom 29. 03. 2017 die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG (früher § 8c S. 1 KStG) jedenfalls für den Zeitraum vom 01. 01. 2008 bis zum 31. 12. 2015 für verfassungswidrig eingestuft und den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum 31. 12. 2018 eine Neufassung zu verabschieden. Die nach Einschätzung des BVerfG verfassungswidrige Regelung des § 8 Abs. 1 S. 1 KStG (früher § 8c S. 1 KStG) betrifft die Fälle des quotalen Verlustuntergangs bei einer Übertragung von mehr als 25 % bis zu 50 % des Kapitals einer Verlustgesellschaft. Das BVerfG meinte, dass die Norm insoweit einer Prüfung am Maßstab des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht Stand halte und sie in nicht gerechtfertigter Weise gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip verstoße.
Dieser Gedanke greift zwar grundsätzlich auch bei einer Übertragung von mehr als 50 % der Anteile an der Verlustgesellschaft. Jedoch ließ das BVerfG explizit offen, ob dieser Fall gleich zu beurteilen ist. Die Frage war im zugrundeliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Das Gericht wies allerdings darauf hin, dass eine Mehrheitsbeteiligung dem Anteilserwerber erlaube, auf die Körperschaft maßgebenden Einfluss auszuüben und die Verluste zu eigenen Zwecken zu nutzen. Das lässt eine Tendenz des Gerichts erkennen, den Verlustuntergang bei Übertragungen von mehr als 50 % der Anteile eher zu akzeptieren.
II. Neufassung des § 8c KStG nach dem Jahressteuergesetz 2018
Die Neufassung des § 8c KStG weist nur noch einen Grundtatbestand auf, nämlich den vollständigen Verlustuntergang bei einer Übertragung von mehr als 50 % der Anteile innerhalb von fünf Jahren. Ein Beteiligungserwerb von mehr als 25 % bis zu 50 % innerhalb von fünf Jahren hat dagegen keinen Verlustuntergang mehr zur Folge; die alte Regelung wurde aus dem Gesetz gestrichen.
Anzuwenden ist die Neuregelung nach dem Jahressteuergesetz 2018 rückwirkend für Anteilsübertragungen ab dem 01. 01. 2008. Die bislang geltende Regelung zum quotalen Verlustuntergang wurde damit ohne zeitliche Begrenzung ersatzlos gestrichen.
Die ersatzlose Streichung des § 8c Abs. 1 S. 1 KStG a.F. ( früher § 8c S. 1 KStG) betrifft auch gewerbesteuerliche Verlustvorträge sowie Zinsvorträge im Zusammenhang mit der Zinsschranke.
III. Praxis-Info
Wie bei rückwirkenden Gesetzesänderungen üblich, ist eine Berücksichtigung nur noch dann möglich, wenn die Steuerfestsetzung noch geändert werden kann bzw. noch keine Festsetzung erfolgte. Für die genannten Jahre sind in der Regel bereits Körperschaftsteuerbescheide ergangen. Da die Körperschaftsteuerfestsetzung aber im Normalfall unter Vorbehalt der Nachprüfung ergeht, können diese Bescheide jedenfalls soweit noch geändert werden, als noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten und solange sie noch unter dem Vorbehalt stehen. Eine Änderung kann ggf. ebenfalls auch noch vorgenommen werden, soweit eine vorläufige Festsetzung aufgrund der erforderlichen Neuregelung bzw. der vorherigen Verfahren beim Bundesfinanzhof und beim Bundesverfassungsgericht erfolgte. Außerdem bietet ein noch anhängiges Einspruchs- bzw. Klageverfahren eine Möglichkeit, Änderungen noch durchzusetzen. Verlustgesellschaften sollten daher im Detail prüfen, ob für sie eine Änderung bereits ergangener Steuerbescheide noch möglich ist.
Das BVerfG hat eine Entscheidung hinsichtlich § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG a. F. (vollständiger Verlustuntergang bei Beteiligungserwerb von mehr als 50 %) ausdrücklich offengelassen. Ein diesbezügliches Verfahren ist aber auch beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Für vorgenannte Fälle empfehlen wir unbedingt, entsprechende Bescheide mittels Einspruch und ggf. einem Antrag auf Ruhen des Verfahrens offenzuhalten, um von einer möglichen Neuregelung zu profitieren.
IV. Fazit und Ausblick
Wenngleich es wünschenswert gewesen wäre, dass im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2018 eine umfassende Neuregelung zur Verlustnutzung bei Körperschaften verabschiedet worden wäre, ist es jedenfalls zu begrüßen, dass zumindest dem anteiligen Verlustuntergang eine klare Absage erteilt wurde.
Die Regelung des vollständigen Verlustuntergangs nach § 8 Abs. 1 S. 1 KStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2018 (früher § 8 Abs. 1 S. 2 KStG) bleibt hingegen (vorerst) unverändert anwendbar. Das hierzu beim BVerfG anhängige Verfahren darf mit Spannung erwartet werden. Denn die herrschende Meinung in der Literatur geht jedenfalls von der Verfassungswidrigkeit auch des vollständigen Verlustuntergangs aus.
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