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Das Aktuelle aus Steuern und Wirtschaft - Ausgabe Oktober 2022

Unternehmer

Direktanspruch auf Umsatzsteuererstattung gegen den Fiskus?

Das Finanzgericht Münster (FG) hat sich mit der Frage befasst, ob unionsrechtlich ein Direktanspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer gegen das Finanzamt möglich ist, wenn der Vorlieferant die Umsatzsteuer zu hoch ausgewiesen hat. Diese Frage hat das FG nun dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vorge­legt. Geklagt hatte ein Holzhändler, der von seinen Lieferanten Holz mit 19 % Umsatzsteuer erworben und in gleicher Höhe auch den Vorsteuerabzug geltend gemacht hatte.

Das Holz verkaufte er an seine Kunden zum ermäßigten Steuersatz von 7 % weiter. Da das FG später feststellte, dass auch bereits die Eingangsleistungen der Lieferanten nur mit 7 % hätten besteuert werden müssen, kürzte das Finanzamt den Vorsteuerabzug des Klägers und forderte die Differenzbeträge von ihm zurück. Der Kläger bat daraufhin seine Lieferanten, ihre Rechnungen zu berichtigen und ihm die Differenz auszuzahlen. Diese beriefen sich jedoch auf die zivilrechtliche Einrede der Verjährung. Der Kläger beantragte sodann beim Finanzamt, die Differenzbeträge aus Billigkeitsgründen zu erlassen, und berief sich hierzu auf das sogenannte Reemtsma-Urteil des EuGH. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt jedoch ab mit der Begründung, dass der Kläger selbst für die Situation verantwortlich sei, denn er habe die Ware nicht mit einem veränderten Steuersatz weiterveräußern dürfen.

Das FG hat das Klageverfahren ausgesetzt und dem EuGH die Frage vorgelegt, ob unter den Umständen des Streitfalls ein Direktanspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer gegen das Finanzamt besteht. Grundsätzlich sei es unionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass bei zu Unrecht in Rechnung gestellter Mehrwertsteuer der leistende Unternehmer einen Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt habe und der Leistungsempfänger auf den Zivilrechtsweg gegen den Leistenden verwiesen werde. Allerdings könne nach dem Reemtsma-Urteil aber wegen des Grundsatzes der Effektivität ausnahmsweise ein unmittelbarer Erstattungsanspruch des Leistungsempfängers gegen das Finanzamt bestehen, wenn die Erstattung unmöglich oder übermäßig erschwert werde. Die Entscheidung des EuGH darf nun mit Spannung erwartet werden.

Einführungsschreiben zur Umsatzsteuerbefreiung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein neues Einführungsschreiben zur Befreiung der Leistungen von selbständigen Personenzusammenschlüssen an ihre Mitglieder veröffentlicht. Hintergrund: Der Gesetzgeber hatte mit Wirkung zum 01.01.2020 die umsatzsteuerliche Vorschrift zu den Kostenteilungsgemeinschaften (§ 4 Nr. 29 UStG) in Umsetzung der europarechtlichen Regelung kodifiziert. Im Vordergrund stand dabei die umsatz­steuerliche Befreiung von Dienstleistungen im Gemeinwohlbereich, sofern die Dienstleistungen in einer gemeinsamen Struktur ausgeübt werden.

Das Schreiben ist jedoch nicht nur im gemeinwohlorientierten Bereich, sondern auch im Bereich der öffentlichen Hand als wichtige Weichenstellung für Kooperationen bedeutsam. Es werden erste Auslegungshilfen für den langen und komplexen Wortlaut der gesetzlichen Norm erwartet.

Der Anwendungsbereich der umsatzsteuerlichen Vorschrift umfasst eine Vielzahl von möglichen Kooperations­formen. Neben dem Gesundheitsbereich sind Zusammenschlüsse vor allem in den Bereichen Kunst und Kultur, Universitäten, Forschungseinrichtungen, Wohlfahrt, aber auch im kommunalen Bereich oder in der Tourismus­förderung denkbar. Gegenüber umsatzsteuerlichen Organschaftsstrukturen ist die Steuerbefreiung für alle beteiligten Mitglieder des Zusammenschlusses möglich. Ein gesellschaftsrechtliches Mehrheitserfordernis besteht nicht.

Das Einführungsschreiben beschäftigt sich insbesondere mit den einzelnen Tatbestandsmerkmalen für Zusammenschlüsse von sowohl juristischen Personen des privaten Rechts als auch des öffentlichen Rechts. Zudem enthält es Ausführungen zur Unmittelbarkeit der Leistungen sowie zur Wettbewerbsverzerrung. Zur Entwurfs­fassung haben sich diverse Verbände geäußert und ihre Stellungnahmen veröffentlicht. Auch kommunale Spitzenverbände haben eine gemeinsame, ausführliche Stellungnahme an das BMF verfasst.

Hinweis: Es ist zu begrüßen, dass das BMF in gewissen Punkten Rechtssicherheit schafft und zumindest seine Auffassung zur gesetzlichen Norm konkretisiert.

Vor- und Nachteile der Kleinunternehmerregelung

Bei Unternehmen, deren Umsätze im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich 50.000 € und im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 € nicht überschreiten, erhebt das Finanzamt keine Umsatzsteuer. Hier greift die Kleinunter­nehmerregelung. Wer seine Unternehmertätigkeit gerade erst aufgenommen hat, kann den zu erwartenden Umsatz schätzen. Liegt dieser voraussichtlich über 22.000 €, greift die Kleinunternehmerregelung nicht.

Hinweis: Besteht der Kundenkreis vor allem aus Privatkunden, die selbst keinen Vorsteuerabzug geltend machen können, so können Kleinunternehmer ihre Leistungen günstiger anbieten als Konkurrenten, die noch die Umsatz­steuer aufschlagen müssen.

Ein weiterer Vorteil der Kleinunternehmerregelung ist, dass sich einige Verwaltungserleichterungen ergeben: Kleinunternehmer weisen keine Umsatzsteuer in ihren Rechnungen aus, zudem müssen sie für Geschäfte im grenzüberschreitenden Kontext keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angeben. Auch die Buchführung wird erleichtert, da hier nicht zwischen netto und brutto unterschieden werden muss. Eine Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen besteht ebenfalls nicht.

Zu den Nachteilen gehört, dass Kleinunternehmern das Recht zum Vorsteuerabzug verwehrt bleibt. Ihnen steht also kein Vorsteuer-Erstattungsanspruch gegenüber der Steuerverwaltung zu. Sie werden wie Endverbraucher behandelt, die Umsatzsteuer entrichten müssen, so dass sie im Vergleich zu „regulären“ Unternehmern höhere Betriebsausgaben und damit einen höheren Liquiditätsbedarf haben. Gerade bei größeren Investitionen zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit kann es also sinnvoll sein, zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung zu verzichten. Dieser Verzicht kann bis zur Unanfechtbarkeit der Umsatzsteuerfestsetzung beim zuständigen Finanzamt erklärt werden. Diese sogenannte Option zur Regelbe­steuerung ist aber für mindestens fünf Kalenderjahre bindend, so dass sie wohlüberlegt sein sollte.

Hinweis: Bei der Kleinunternehmerregelung sind zahlreiche Besonderheiten zu beachten. Trotz vieler Vorteile ist ihre Anwendung nicht für alle Unternehmer und Geschäftsmodelle geeignet. Gerade Neugründer oder Selbständige im Nebenerwerb können aber von der Kleinunternehmerregelung profitieren. Zur Einordnung des Einzelfalls ist zu empfehlen, sich frühzeitig steuerfachkundigen Rat einzuholen.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Jahresendspurt 2022: Zusammenballung von Werbungskosten oft sinnvoll

Arbeitnehmer können jedes Jahr einen Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.200 € (bis 2021: 1.000 €) als Werbungskosten von ihrem Bruttoarbeitslohn abziehen. Das Finanzamt berücksichtigt den Pauschbetrag im Einkommensteuerbescheid automatisch, sofern keine höheren Kosten abgerechnet worden sind. Wer jedoch arbeits­täglich mehr als 20 Kilometer zur Arbeit fährt, kommt in der Regel bereits allein durch seine Fahrtkosten über die 1.200-€-Grenze, so dass sich die Abrechnung der tatsächlichen Werbungskosten lohnt.

Da der Fiskus pro Jahr ohnehin 1.200 € als Pauschbetrag abzieht, wirken sich tatsächlich angefallene Werbungs­kosten bis zu dieser Höhe nicht steuermindernd aus. Es lohnt sich daher für Arbeitnehmer häufig, berufliche Kosten jahresweise zusammenzuballen, damit die 1.200-€-Grenze zumindest in einem Jahr übersprungen wird (und die Kosten sich dann steuermindernd auswirken), während in einem anderen Jahr der Pauschbetrag greift. Wer diese Strategie umsetzen will, sollte noch vor dem Jahreswechsel sämtliche beruflichen Kosten zusammenrechnen, die 2022 bereits entstanden sind und voraussichtlich noch anfallen werden. Hierzu gehören Kosten für Pendelfahrten zur Arbeit (mit 0,30 € pro Entfernungskilometer; 0,38 € ab dem 21. Entfernungskilometer), Arbeits­mittel (PC, Laptop, Bücherregal etc.), berufliche Fortbildungen, Fachliteratur, häusliches Arbeitszimmer und berufliche Auswärtstätigkeiten (Dienstreisen). Überschreiten diese Kosten die 1.200-€-Grenze, kann es sich für Arbeitnehmer lohnen, ohnehin geplante berufliche Anschaffungen noch auf 2022 vorzuziehen, weil sich dann jeder Euro oberhalb der 1.200-€-Schwelle steuermindernd auswirkt.

Damit eine solche „Last-minute-Zahlung“ im auslaufenden Jahr den gewünschten Steuerspareffekt entfaltet, muss das Geld bei Bareinkäufen aber unbedingt noch vor Silvester gezahlt werden. Bei Überweisungen ist der Zeitpunkt maßgeblich, an dem der Bank der Überweisungsauftrag zugeht. Wer Onlinebanking nutzt, muss seine Transaktion also vor dem Jahreswechsel abgeschlossen haben, damit sie für 2022 zählt.

Hausbesitzer

Unverzügliche Selbstnutzung: wenn Handwerker auf sich warten lassen

Eltern können eine selbstbewohnte Immobilie erbschaftsteuerfrei an ihre Kinder vererben, sofern die Immobilie eine Wohnfläche von maximal 200 qm hat und die Kinder sie zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmen. Diese Steuerbefreiung setzt voraus, dass die Bestimmung zur Selbstnutzung „unverzüglich“ (ohne schuldhaftes Zögern) erfolgt.

Wie schnell die Selbstnutzung durch die Kinder eintreten muss, hat nun der Bundesfinanzhof (BFH) näher untersucht. Im zugrundeliegenden Fall hatte eine Tochter die geerbte Wohnung ihrer Mutter zunächst entrümpelt und dann umfassend saniert. Zwischen Todestag und Einzug lagen eineinhalb Jahre, was Finanzamt und Finanz­gericht (FG) als zu lang ansahen. Die Finanzrichter urteilten, dass die Tochter die Wohnung nicht unverzüglich zur Selbstnutzung bestimmt habe. Im Prozess machte die Tochter aber geltend, dass die lange Dauer bis zum Einzug darauf zurückzuführen sei, dass zunächst der Hausstand der Mutter habe ausgeräumt und verkauft werden müssen. Für die Durchführung der Sanierungsarbeiten hätten zunächst Handwerker organisiert werden müssen, die aufgrund voller Auftragsbücher aber schwer zu beschaffen gewesen seien. Bereits Termine für die Ortsbesichtigungen hätte sie erst nach erheblicher Wartezeit bekommen können. Dann hätten sich lange Wartezeiten für Kostenvoranschläge und bei den Auftragsabwicklungen angeschlossen. Sie selbst habe zudem eine Hüftgelenksarthrose gehabt, so dass sie über viele Wochen gesundheitlich sehr angeschlagen gewesen sei.

Der BFH hob das klageabweisende Urteil des FG nun auf und entschied, dass das Gericht die unverzügliche Be­stimmung zur Selbstnutzung zu vorschnell verworfen habe. Für eine „Unverzüglichkeit“ genüge es bereits, wenn der Erblasser den Baufortschritt angemessen fördere. Er müsse keinen unverhältnismäßigen Aufwand betreiben, um den Baufortschritt zu beschleunigen, sondern nur die zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um unangemessene Bauverzögerungen auszuschließen. Zwar gelte ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten nach dem Erbfall regel­mäßig noch als angemessen, allerdings könne auch ein längerer Zeitraum anerkannt werden, wenn der Erbe glaubhaft mache, aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug nicht früher möglich gewesen sei. Sofern er Handwerker unverzüglich beauftrage, diese aber zeitlich nicht früher tätig werden könnten, könne ihm dieser Umstand nicht angelastet werden. Auch gesundheitliche Hinderungsgründe müssten berücksichtigt werden. Das FG muss den Fall jetzt neu prüfen und sich eingehender mit den vorgebrachten Gründen für die verzögerte Selbstnutzung beschäftigen.

Hinweis: Zur Beweisvorsorge kann es sinnvoll sein, ein Bautagebuch zu führen. Aus diesem kann später abgeleitet werden, wann ein stockender Baufortschritt beispielsweise wegen Lieferengpässen oder Handwerkermangel nicht selbst zu vertreten war.

Zehnjährige Selbstnutzung kann aus gesundheitsgründen beendet warden

Die Erbschaftsteuerbefreiung für an Kinder vererbte Familienheime entfällt nachträglich, wenn der Erbe die zunächst erfolgte Selbstnutzung innerhalb von zehn Jahren nach dem Erbfall aufgibt. Gibt er die Selbstnutzung innerhalb dieser Frist jedoch aus zwingenden Gründen auf, bleibt die Steuerfreiheit wiederum erhalten.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen solche zwingenden Gründe darstellen können, sofern sie dem Kind eine selbständige Haushaltsführung in dem erworbenen Familien­heim unmöglich oder unzumutbar machen. Im zugrundeliegenden Fall hatte die Erbin das Familienheim von ihrem Vater geerbt und zunächst selbst bewohnt, war aber bereits nach sieben Jahren wieder ausgezogen, um eine Erdgeschosswohnung auf dem Nachbargrundstück zu beziehen. Im Anschluss wurde das Haus abgerissen. Das Finanzamt versagte nachträglich die Erbschaftsteuerbefreiung für das Familienheim, wogegen die Tochter vor das Finanzgericht Düsseldorf (FG) zog und geltend machte, sie habe sich angesichts ihres Gesundheitszustands kaum noch in dem Haus bewegen können.

Konkret machte sie zwei Bandscheibenvorfälle und ein Hüftleiden geltend und erklärte, dass sie die schmale und enge Treppe in dem (baufälligen) Einfamilienhaus aus dem Jahr 1951 nicht mehr hätte nutzen können. Ohne fremde Hilfe sei eine Lebensführung dort nicht mehr möglich gewesen. Das FG war jedoch der Ansicht, dass kein zwingender Grund für den Auszug vorgelegen habe, da sich die Tochter fremder Hilfe hätte bedienen können. Der Steuerzugriff sei somit rechtmäßig. Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil nun auf und verwies die Sache an das FG zurück. Nach Auffassung der Bundesrichter liegt ein „zwingender Grund“ nicht nur dann vor, wenn die Selbstnutzung unmöglich ist, sondern auch, wenn sie unzumutbar ist. Die Selbstnutzung darf zwar nicht aus reinen Zweckmäßigkeitserwägungen abgebrochen werden (z.B. weil eine Sanierung des Familienheims unwirt­schaftlich ist), anders liegt der Fall aber, wenn der Erbe aus gesundheitlichen Gründen für eine Fortnutzung des Familienheims so erheblicher Unterstützung bedarf, dass nicht mehr von einer selbständigen Haushaltsführung gesprochen werden kann.

Altersvorsorge-Eigenheimbetrag: Zinsen und Sparen nicht begünstigt

Wer für das Alter mit einem Riester-Sparvertrag vorsorgt, kann sein steuerlich gefördertes Altersvorsorgevermögen im Rahmen des „Wohn-Riesterns“ aus einem bestehenden Vorsorgevertrag entnehmen, um damit selbstgenutztes Wohneigentum zu finanzieren, ohne dass dies eine sogenannte schädliche Verwendung auslöst. Der Gesetzgeber will mit diesem Altersvorsorge-Eigenheimbetrag das mietfreie Wohnen im Alter fördern. Die entsprechenden Regelungen sehen vor, dass das Kapital bis zum Beginn der Auszahlungsphase unter anderem zur Tilgung eines Wohnungsdarlehens genutzt werden kann, sofern das dafür entnommene Kapital mindestens 3.000 € beträgt.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass die entnommenen Gelder nur für reine Tilgungsleistun­gen verwendet werden dürfen, reine Zinszahlungen und Sparleistungen hingegen nicht begünstigt sind und nicht in die 3.000-€-Grenze eingerechnet werden dürfen.

Im zugrundeliegenden Fall hatte ein Riester-Sparer sein entnommenes Altersvorsorgevermögen dazu verwendet, um die laufenden Annuitäten seiner Bauspardarlehen (bestehend aus Zins und Tilgung) zu bedienen. Eine reine Tilgungsleistung war nur in Höhe von 1.773 € erbracht worden. Die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) stellte eine schädliche Verwendung fest und erließ einen entsprechenden Rückforderungsbescheid. Der BFH gab der ZfA nun recht und verwies darauf, dass das ausgezahlte Altersvorsorgekapital förderschädlich verwendet worden sei, da die reinen Tilgungsleistungen allein nicht den gesetzlichen Mindestbetrag von 3.000 € erreicht hätten. Zinszahlungen könnten einkommensteuerrechtlich nicht unter den Begriff der Tilgung eines Darlehens gefasst werden. Der BFH widersprach der Vorinstanz darin, dass die einkommensteuerrechtliche Unterscheidung zwischen Zins- und Darlehensschulden einem verständig und umsichtig abwägenden Zulageberechtigten nicht geläufig sein müsse. Es gehört nach Ansicht des BFH zu den Obliegenheiten eines Zulageberechtigten, sich über die Voraussetzungen der gesetzlichen Förderung zu informieren.

Alle Steuerzahler

Steuerbonus auch für ambulante Pflege und Betreuung eines Dritten

Privatleute können haushaltsnahe Dienstleistungen über zwei Höchstbeträge in der Einkommensteuererklärung abziehen:

  • Minijobs: Werden die Dienstleistungen von einem Minijobber erbracht (beispielsweise von einer Putzhilfe, die im Privathaushalt einer geringfügigen Beschäftigung nachgeht), können 20 % der Lohnkosten, maximal 510 € pro Jahr, von der Einkommensteuer abgezogen werden.
  • Sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen und externe Dienstleistungen: Werden die haushaltsnahen Dienstleistungen im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses („auf Lohnsteuerkarte“) oder durch externe Firmen im Privathaushalt erbracht, lassen sich die anfallenden Lohnkosten mit 20 %, maximal 4.000 € pro Jahr, abziehen.

Der letztgenannte Höchstbetrag gilt auch für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie für Aufwendungen, die einem Steuerbürger wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun konkretisiert, dass zu den abziehbaren Pflege- und Betreuungsleistungen insbesondere unmittelbare Pflegemaßnahmen am Menschen (Körperpflege, Ernährung und Mobilität) gehören. Erfasst werden nach dem Urteil auch Leistungen zur hauswirtschaftlichen Versorgung, darunter Einkaufen, Kochen und das Reinigen der Wohnung.

Der Steuerbonus für Pflege- und Betreuungsleistungen lässt sich nach Auffassung des Gerichts auch von Steuerzahlern in Anspruch nehmen, die Aufwendungen für die ambulante Pflege und Betreuung einer dritten Person (im Urteilsfall: der Mutter) tragen. Dies ist nach Gerichtsmeinung sogar dann zulässig, wenn die Pflege- und Betreuungsleistungen nicht im eigenen Haushalt des Steuerzahlers, sondern im Haushalt der gepflegten Person erbracht werden.

Hinweis: Der BFH stellte auch klar, dass die Finanzämter für den Abzug von ambulant erbrachten Pflege- und Betreuungsleistungen nicht voraussetzen dürfen, dass eine Rechnung ausgestellt worden und die Zahlung unbar erfolgt ist. Diese Voraussetzungen betreffen nach Gerichtsmeinung lediglich allgemeine haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen, jedoch nicht Pflege- und Betreuungsleistungen.

Pflege von Angehörigen: Diese Steuerentlastungen gibt es

Die Pflege von Angehörigen ist häufig nicht nur emotional belastend, sondern kostet auch Geld, so dass die Frage nach der Absetzbarkeit der Aufwendungen für Pflegende großes Gewicht hat. Die Steuerberaterkammer Stuttgart weist aktuell darauf hin, dass sowohl pflegebedürftige als auch pflegende Personen steuerlich entlastet werden können:

  • Außergewöhnliche Belastungen: Die pflegebedürftige Person kann ihre selbst getragenen Pflegekosten grundsätzlich als allgemeine außergewöhnliche Belastungen abziehen, weil die Kosten zwangsläufig entstehen und von anderen vergleichbaren Steuerbürgern nicht zu tragen sind. Von den absetzbaren Kosten zieht das Finanzamt allerdings eine zumutbare Belastung (Eigenanteil) ab. Voraussetzung für den steuer­mindernden Ansatz von Pflegekosten ist in der Regel, dass mindestens ein Schweregrad der Pflegebedürftigkeit besteht oder eine erhebliche Einschränkung in der Alltagskompetenz gegeben ist. Auch die Kosten für eine krankheitsbedingte Heimunterbringung lassen sich steuerlich geltend machen, empfan­gene Leistungen (z.B. aus der Pflegeversicherung) müssen hierbei aber gegengerechnet werden. Ein
    Abzug als außergewöhnliche Belastung ist auch für Personen möglich, die Pflegekosten für nahe Angehörige tragen.
  • Behinderten-Pauschbetrag: Anstelle des Abzugs der tatsächlich angefallenen Kosten als außer­gewöhnliche Belastung kann die pflegebedürftige Person den Behinderten-Pauschbetrag geltend
    Dieser ist abhängig vom Grad der Behinderung und beträgt zwischen 384 € und 7.400 €
    pro Jahr.
  • Fahrtkostenpauschale: Je nach Grad der Behinderung und der eingetragenen Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis kann eine behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale von 900 € bzw. 4.500 € abgezogen werden. Hierdurch werden alle behinderungsbedingten Fahrtkosten abgegolten.
  • Pflege-Pauschbetrag: Wer seine Angehörigen selbst unentgeltlich pflegt und hierfür keine Einnahmen aus der gesetzlichen oder privaten Pflegeversicherung erhält, kann alternativ zum Abzug von außer­gewöhnlichen Belastungen den Pflege-Pauschbetrag in seiner Einkommensteuererklärung geltend
    Dieser liegt zwischen 600 € (Angehörige mit Pflegegrad 2) und 1.800 € (Pflegegrade 4 und 5, Merkzeichen „H“ für „Hilflosigkeit“).
  • Haushaltsnahe Dienstleistungen: Wird die pflegebedürftige Person in ihrem eigenen Haushalt (der auch in einem Heim liegen kann) betreut oder gepflegt, so kann sie anstelle des Abzugs der außergewöhn­lichen Belastungen auch eine Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen geltend machen. In diesem Fall lassen sich 20 % der Lohnkosten (höchstens 4.000 € pro Jahr) von der eigenen tariflichen Einkommensteuer abziehen (vgl. auch vorangehender Artikel).

Einkaufen im Ausland: Ministerium unterstützt durch Apps

Das Bundesfinanzministerium hat eine „Zoll-und-Post-App“ sowie eine „Zoll-und-Reise-App" herausgegeben. Damit bietet es zusätzliche Informationsmedien an, um etwa bei Internetkäufen festzustellen, welche Einfuhrabgaben zu zahlen sind. Erklärtes Ziel ist es, trotz der vielen Einfuhrbestimmungen den Durchblick zu behalten.

Beim Versand von Waren mit der Post aus einem Nicht-EU-Land sind zollrechtliche Bestimmungen zu beachten und häufig Einfuhrabgaben zu zahlen. Die Zoll-und-Post-App berechnet die voraussichtlichen Abgaben und gibt für die unterschiedlichsten Warengruppen Auskunft über wichtige zollrechtliche Bestimmungen. Zudem gibt sie Hinweise auf Gefahren, die von manchen Produkten ausgehen können. Hilfreich ist auch die Rubrik „Fragen und Antworten“. Ein umfangreiches Dienststellenverzeichnis gibt Informationen über Kontaktmöglichkeiten und Öffnungszeiten des für den eigenen Wohnort zuständigen Zollamts.

Die Zoll-und-Reise-App soll Urlauber dabei unterstützen, schnell und einfach herauszufinden, welche Waren bei der Einreise nach Deutschland erlaubt sind. Darüber hinaus enthält sie einen Freimengenrechner, der anzeigt, was abgabenfrei nach Deutschland mitgebracht werden kann. Nach der Installation der App funktioniert sie auch offline, so dass etwaige Roaminggebühren im Ausland vermieden werden.

Hinweis: Die Apps gibt es kostenlos in den bekannten Online-Stores von Apple und Google. Bitte informieren Sie sich vor dem Download über die Datenschutzbestimmungen.

 

ZAHLUNGSTERMINE STEUERN UND SOZIALVERSICHERUNG

10.10.2022 (13.10.2022*)

Umsatzsteuer
(Monats- und Vierteljahreszahler)

Lohnsteuer mit SolZ u. KiSt
(Monats- und Vierteljahreszahler)

27.10.2022

Sozialversicherungsbeiträge

 

(*) Letzter Tag der Zahlungsschonfrist, nicht für Bar- und Scheckzahler. Zahlungen mit Scheck sind erst drei Tage nach dessen Eingang bewirkt.

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